Am 21. Juli erschien knapp 7 Monate nach Not The Actual Events mit Add Violence der zweite Teil der Nine Inch Nails EP-Triologie. Doch wie kommt die neuste Veröffentlichung an? Hier ein Überblick ausgewählter deutschsprachiger Rezensionen:
Laut.de: Im Suspense-Klammergriff von Trent Reznor und Atticus Ross.
Michael Schuh vom Musikmagazin laut.de vergibt vier von fünf Sternen.
Derzeit scheint er wieder Bock auf NIN zu haben, schließlich ist eine EP-Trilogie angekündigt. „Add Violence“ ist der zweite Teil, führt die Noise-Seite des Vorgängers entgegen des Titels allerdings nicht weiter. Der Opener „Less Than“ ist vielmehr der eingängigste Song seit „The Hand That Feeds“ […] und geht direkt über in „The Lovers“, eines dieser düster dräuenden, cineastisch angelegten Reznor-Soundscapes, die im Vergleich zu vielen vergleichbaren Quasi-Instrumentals der jüngeren Vergangenheit mal wieder sehr emotional und stimmungsvoll ausfällt.
Und doch ist es nur die Ouvertüre zum sogartig einnehmenden „This Isn’t The Place“, in dem Reznor zu Hochform aufläuft: Eine auf den Akkorden von „The Lovers“ aufbauende, atmosphärisch-wabernde Klaviermelodie über bedrückenden Synths und pointiertem Bass – ein finsterer Slow-Burner, wie man ihn seit seinem 1999er Klassiker „The Fragile“ nicht mehr gehört hat. „Twin Peaks“, here we come. „Not Anymore“ lässt die Verzerrer noch mal aufglühen und sendet Querverweise zur letzten EP, bevor „The Background World“ alle aufgestaute Energie abprallen lässt und die Vorstellung scheinbar in harmonischem Midtempo ausklingen lässt.
Teleschau: Nine Inch Nails: Add Violence
Auch John Fasnaugh findet das neueste Werk überzeugend:
Umso überraschender, dass „Add Violence“ eingangs wieder direkt an das Spätwerk der Industrial-Band anknüpft: verspielte, vielschichtige, eingängige und bisweilen auch etwas langweilige Computer-Musik.
Dann wird’s hinten raus aber doch wieder spannend: Während Trent Reznor seine musikalische Anti-Ästhetik früher vor allem über ein verzerrtes Sounddesign umsetzte, nagt er nun mit auseinandergebrochenen Rhythmen und schrägen Tempowechseln an der Struktur seiner Songs.
ORF Radio 4fm: Die neue Nine Inch Nails-EP ist der beste Release in 10 Jahren
Für Christoph Sepin vom österreichischen Radiosender ORF Radio 4fm ist das letzte Werk gar das beste in 10 Jahren. Trent Reznor schaffe es mit der neuen Nine Inch Nails-EP „Add Violence“ fast sowas wie ein Best-Of-Album zu veröffentlichen.
Reznors neuer Zugang im Jahr 2017 präsentiert sich aber nicht nur als Mix aus Elementen der Vergangenheit, sondern läutet eine neue Ära für die Nine Inch Nails ein. Kälter, düsterer, aggressiver, aber gleichzeitig selbstbewusster als noch vor ein paar Jahren. Ganz stabil im eigenen Sound zuhause, ohne Anbiederungsversuche, ohne Simplifizierungen von Dingen, die komplex bleiben müssen und keine Verkomplizierungen von Momenten, die sich durch Einfachheit auszeichnen.
Und das Schönste für Nine Inch Nerds: Das Ganze ist voll mit Ebenen auf Ebenen, mit versteckten Sounds, Geräuschen im Hintergrund, flüsternden Stimmen, die kaum verständliche Botschaften mitteilen. Und ist ein Release, der, wie alle richtig guten Veröffentlichungen der Nine Inch Nails, erst bei mehrmaligem Hören – und damit sind mal mindestens um die zwanzig Durchläufe gemeint – seine wahre Erstklassigkeit zeigt.
Visions: Nine Inch Nails – Add Violence
Martin Burger findet die EP überraschend, aber insgesamt eher zahm. Als besonderes Highlight wird ‚The Background World‘ gesehen, das er als „meisterhaft“ betitelt.
Ross, seit dem vergangenen Dezember offiziell vollwertiges Mitglied des Projektes, ist so etwas wie der subtile Maat seines Kapitäns Trent Reznor. Er kann auf ähnliche Weise eine Band in Richtung Industrial bürsten, das zeigte unter anderem die Produzententätigkeit für Coheed And Cambrias „Year Of The Black Rainbow“, sein Faible bleiben aber die kleinen atmosphärischen Spielereien, mit denen er die gemeinsamen Arbeiten seit „The Social Network“ veredelt. Nach dem Release der bliependen Vorabsingle „Less Than“ vermuteten einige Stimmen eine Annäherung an „With Teeth“ – dass das nicht nur falsch ist, sondern kaum im Sinne des Duos, zeigt die EP in ihrer zweigeteilten Gesamtheit. Am ehesten an das Comeback-Album von 2005 erinnert noch das ruhige „This Isn’t The Place“, ansonsten befinden wir uns bei den künstlichen Beats und Effektspielereien der Ära „Year Zero“.
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Wohin die beiden mit ihrer Trilogie wollen, lässt sich trotzdem erst sagen, wenn nach der dritten EP das zusammenfassende Album mit alternativen Fassungen aller Songs erscheint.